Alina Lusici
Ohne Titel, 2019 Diverse Bindemittel, Pigmente und Farbstoffe 210 x 145 x 160 cm
Das Werk von Alina Lusici kann als eine Form veräumlichter Malerei betrachtet werden. In vielfältiger Weise experimentiert sie mit den Materialeigenschaften von Farbe. Dabei befreit sie sich von Leinwänden und anderen Bildträgern und bringt die verschiedenen Farbstoffe, aber auch Bindemittel wie Leim oder Öle direkt in den Ausstellungsraum. Ausgehärtet entstehen sowohl kleinteilige Objekte als auch raumgreifende Bodenskulpturen bis hin zu mehrteiligen Installationen. Lusici begibt sich damit in eine lange kunsthistorische Tradition, die sie künstlerisch überdenkt und selbstbewusst mit einer ganz eigenen Qualität und Formensprache weiterentwickelt.
Bereits in den 1940er Jahren hat Jackson Pollock mit seinen Action Paintigs den freien Fluss der Farbe erprobt. Bei der so genannte Dripping-Technik, zu die ihn Max Ernst inspiriert haben soll, wurde die Farbe mit ausladend gestischen Bewegungen auf die Leinwand getropft, mitunter regelrecht geschleudert. Viele andere Künstler*innen, beispielsweise Morris Louis, Helen Frankenthaler oder Mark Tobey, haben davon ausgehend eigene Ästhetiken entwickelt, bisweilen in kritischer Abgrenzung wie z.B. Lynda Benglis mit ihren geschütteten Farbskuplturen.
Alina Lusici verortet ihren Ansatz selbst im Kontext der Aleatorik, wie sie u.a. von John Cage als ein freies kompositorisches Prinzip eingesetzt wurde. Gemeint sind Zufallsoperationen, bei denen wesentliche Prozesse eigenständig ablaufen und sich der unmittelbaren Kontrolle entziehen. Die in der Weserburg ausgestellte, hoch aufragende Skulptur ist das Ergebnis einer solchen künstlerischen Operation. Transparente Bindemittel kombiniert mit Farbstoffen, Pigmenten und anderen Beimischungen ergeben ein komplexes Gebilde – ein faszinierendes Zusammenspiel von fragiler Leichtigkeit und räumlicher Präsenz.Text: Ingo Clauß